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Die Handhabung von Styrol bei Schlauchreliningarbeiten

Zum Artikel von Ulrich Winkler in der letzten Ausgabe der bi-UmweltBau

Von Dipl. Ing. Wilfried Günzel, Lage

Der Werkstoff "Styrol" bei Schlauchreliningarbeiten steht derzeit obenan in der Diskussion und führt zu einer gewissen Verunsicherung der Auftraggeber. Der "Fall Bielefeld", der übrigens kein Fall ist, wird aus meiner Sicht in einseitigen und zum Teil verharmlosenden Publikationen u.a. auch im Internet (z.B. auf unserer Seite  Anm. von SANTEC) aufgegriffen.

Für mich, der nicht nur in der Kanalsanierung seit 1982 den Anwenderbereich detailliert kennt, sondern seit 1996 auf der Ing. Büro Seite tätig ist, Grund genug, an dieser Stelle den Werkstoff "Styrol" einmal bei der Aushärtung des Schlauchlaminates näher zu betrachten und meine Meinung darzulegen.

Anmerkungen zum Artikel von Herrn Winkler

In der Fachzeitschrift bi-UmweltBau 1/00 geht Herr Winkler auf den "angeblichen Fall Bielefeld", sowie auf den Werkstoff "Styrol" und dessen Auswirkungen auf die Kläranlagen ein. Das Echo dieses Artikels hat nicht nur in der Kanalsanierungsbranche für erhebliche Unruhe gesorgt und zu einer gewissen Verunsicherung geführt, sondern hat mich auch persönlich erstaunt und gleichzeitig verärgert. Wer wie ich schon seit Jahren in der Kanalsanierung tätig ist, kennt die Risiken im Umgang mit den verschiedensten Harzen, nicht nur beim Schlauchrelining Verfahren. Insofern ist dieser Artikel sehr einseitig und verharmlosend im Sinne der Warmwasseraushärtungsfirmen verfasst.
 Um es deutlich zu sagen: es gibt keinen Fall Bielefeld, sondern lediglich eine Diskussion zum Thema "Styrol", und das übergreifend von den Auftraggebern bis mittlerweile zu den Anwendern der verschiedensten Aushärtungsmethoden.
 Verharmlosend nenne ich diese Darstellung des Werkstoffes "Styrol", da in der Fachwelt etliche Schadensfälle von Gewässerverunreinigungen und Fischsterben bekannt sind. Außerdem liegen firmeninterne Gutachten zu Styrolemissionen z. B. beim Umweltbundesamt vor. Dieses sind nur zwei Beispiele. Von weiteren Fällen habe ich Kenntnis.
 Zugegebenermaßen Einzelfälle, die aber aufzeigen, welche Auswirkungen der Werkstoff Styrol sowohl auf die Gewässer, als auch auf die Luft haben kann.
 Insofern beschäftigt diese Thematik die Fachfirmen bereits seit etlichen Jahren immer wieder.
 Die Styrolbelastung durch Inlinermaßnahmen ist nach vielen Gesprächen die ich geführt habe sicherlich kein Problem für die Kläranlagen, da der Verdünnungsgrad in Abhängigkeit von der Entfernung und der Abwassermenge sehr hoch sein wird.
 Hier scheint mir die Einleitung von nachweislich belastetem Prozesswasser ein Problem zu werden. Die Indirekteinleiterverordnung sieht vor, den Schadstoffeintrag an der Einleitungsstelle zu minimieren und einen Grenzwert festzulegen.
 Wenn dieses Prinzip für die Gewerbebetriebe gilt, so muss es aus meiner Sicht logischerweise auch für Kanalsanierungsarbeiten gelten. Im Umkehrschluss dürften dann die Gewerbebetriebe an der Einleitungsstelle viel höhere Schadstoffmengen einleiten, da sich diese ja auf dem Wege zur Kläranlage ganz erheblich verdünnen.

Bei meinen Recherchen zu diesem Artikel konnte ich aber auch in etlichen Gesprächen mit kommunalen Auftraggebern feststellen, dass die Messungen und die Vorgehensweise in Bielefeld längst kein Einzelfall mehr sind und andere Kommunen, vor allen Dingen auch einige Schlauchanwender die Styrol Problematik erkannt haben.
 Hierzu liegen mir ebenfalls aktuelle Unterlagen vor.

Dazu einige Beispiele:
In Produktinformation der Firma Brandenburger Liner GmbH vom 16.März 2000 verweist dieser Schlauchhersteller auf Styrolbeprobungen bei Versuchsstrecken, bei denen Werte kleiner 0,005 mg/l gemessen worden sind. Nach welcher Methode hier gemessen wurde ist den Unterlagen jedoch nicht zu entnehmen.
 Ich möchte vor diesem Hintergrund darauf hinweisen, dass dringend Einigkeit über die Messmethoden geschaffen werden muss. Hier gibt es sichtlich Nachholbedarf.
 In dieser Produktinformation wird auch auf eine entsprechende Grenzwertempfehlung des Umweltbundesamtes für Styrolbelastungen hingewiesen. Hier werden folgende Werte genannt:

für Abwasserkanäle 5,0 mg/l
für Regenwasserkanäle 0,04 mg/l

 In jedem Fall ist es Aufgabe der einzelnen Länder, Behörden und Fachverbände, für die Styrolbelastung Grenzwerte vorzugeben. Mit Sicherheit kann es nicht Aufgabe der ausführenden Firmen sein.
 Aus der gesamten Diskussion heraus verstärkt sich mein Eindruck, dass sich die Vertreter der Hauptaushärtungsmethoden wie z. B. Warmwasser, bzw. UV- Licht und Heizdampf Marktvorteile verschaffen wollen. Dieses nicht immer mit ganz fairen Mitteln, wenn man versucht, mit überholten und nicht mehr dem heutigem Stand der Technik entsprechenden Gutachten die Verfahrenstechnik des Wettbewerbers schlecht zu reden.
 Dieses z. T. auf solch einem niedrigen Niveau, dass die Gefahr besteht, dass sich die Firmen nicht nur selbst, sondern auch der gesamten Technik der Schlauchrelining Verfahren schaden. Meiner Meinung besteht die Gefahr, das diese ausgezeichnete Sanierungsmethode von den Auftraggebern bald nicht mehr in dem bisherigem Umfang berücksichtigt werden könnte. Gegebenfalls könnten aktuelle Projekte zurückgestellt oder aber defekte Kanäle in offener Bauweise neu erstellt werden.
 In Kenntnis dieser Sachlage müssen aus meiner Sicht alle Inliner-Aushärtungsmethoden auf Styrolemissionen hin von Sachkundigen, vor allen Dingen auch neutralen Institutionen, überprüft werden. Auch die Prüfmethoden müssen festgelegt und einheitlich anerkannt werden.
 Einige der Schlauchrelining Anwender sollten nicht wie bisher den Fehler machen, sich zurückzulehnen und auf die vielen Kilometer Inliner, die sie pro Jahr einbauen, verweisen. Alle Firmen haben jetzt die Möglichkeit, diese Aufgabe aktiv, sachlich und ohne ihre "Aushärtungs- bzw. Firmenbrille" anzupacken. Die "Styrolbelastung" bei Inlinern ist für alle Beteiligten ein Thema und muss gelöst werden. Fairerweise sei gesagt, dass jedes Inliner Aushärtungssystem seine Vor-, aber auch seine Nachteile aufweist.
 Festhalten möchte ich an dieser Stelle auch, dass es meiner Ansicht nach zu den Schlauchrelining Verfahren keine adäquaten Sanierungstechniken auf dem Markt gibt, die die gleichen Vorteile wie die Inliner Systeme aufweisen.

Deshalb mein Appell an alle Beteiligten:


Kommen sie endlich zu einer Versachlichung der gesamten Styroldebatte und arbeiten sie konstruktiv an einer Minimierung des Schadstoffeintrages durch Styrol in Wasser und Luft mit!

Styrol beim Schlauchrelining


Bei allen auf dem Sanierungssektor angebotenen Schlauchlinersystemen, die sogenannte ungesättigte Polyesterharze (UP-Harze) verwenden, ist je nach firmenspezifischer Rezeptur ein Anteil bis zu 40 Gewichts % Styrol enthalten. Styrol ist nicht nur ein Lösemittel für UP-Harze, sondern es ist auch eine unverzichtbare Reaktions- und Vernetzungskomponente.
 Einen Ersatzstoff gibt es hierfür derzeit nicht. Bei allen licht-, warmwasser- und dampfaushärtenden Systemen, die das Trägermaterial mit UP-Harzen imprägnieren, treten Styrolemissionen sowohl in der Luft, als auch im Prozesswasser in unterschiedlichen Konzentrationen auf.
 Gemäß Sicherheitsdatenblatt der Berufsgenossenschaften gehört der Werkstoff "Styrol" in die chemische Gruppe der aromatischen Kohlenwasserstoffe.
 Im ATV-Regelwerk A 115 – Einleiten von nicht häuslichem Abwasser in eine öffentliche Abwasseranlage ist der Einzelstoff Styrol nicht aufgeführt.
 Interessant ist sicherlich auch, dass in den mir vorliegenden Verfahrenshandbüchern einzelner Schlauchrelining Anwender kein Hinweis auf Styrolbelastung bzw. Reststyrolgehalt zu finden ist.

Styrol bei der Inlineraushärtung


Die einzelnen Inliner-Anwender unterscheiden sich nicht nur in den Aushärtungsmethoden, sondern natürlich auch beim Trägermaterial.
 So verwenden die Warmwasseraushärter fast überwiegend Polyesternadelfilz, auf das eine relativ dünnwandige Folie von ca. 300-500 m aus Polyurethanmaterial - PU - heiß aufkaschiert ist. Diese Innen- bzw. Außenbeschichtung ist in erster Linie eine Imprägnierungshilfe und sollte in keinem Fall die Dichtheit des ausgehärteten Inliners gewährleisten, die nur vom Laminat selbst erbracht werden muß.
 Die der Abwasserseite zugewandte PU-Beschichtung ist bei der Technik der Warmwasseraushärtung nicht styroldicht. Als Folge dessen diffundiert während der gesamten Aushärtungsphase Styrol durch die Folie in das Prozesswasser und gelangt von dort über die Wassersäule auch in die Luft.
 Bei der UV-Licht- und Dampfaushärtung wird der Schlauchträger mittels Luftdruck aufgestellt und danach über die o.a. Wärmequellen ausgehärtet.
 Bei diesen Aushärtungsmethoden ist die Innenfolie eine sogenannte Verbundfolie, z. B. aus den Werkstoffen PU und PO (Polyamid), die nach mir vorliegenden Herstellerangaben styroldicht sind.
 Nach dem Aushärteprozess werden diese Folien aus dem ausgehärteten Inliner gezogen und entsorgt. Bei der UV- bzw. Dampfaushärtung ist sicherlich die Styrolbelastung in der Luft beim Ziehen der Folie und beim anschließenden Durchströmen des Abwassers der kritische Faktor und muss ebenfalls gemessen werden.
 Wenn man also Styrolmessungen durchführt, darf man nicht nur die Styrolbelastungen im Prozesswasser messen, sondern auch die in der Luft und vor allen Dingen auch des durchfließenden Abwassers.
 Auch ein optimal ausgehärteter Schlauchliner wird in Abhängigkeit von gewissen Parametern wie z. B. Rezeptur, Temperaturhöhe, Abkühlung an der Außenseite durch das Rohr bzw. Grundwasser, immer einen gewissen Reststyrolgehalt aufweisen.
 Es ist der Fachwelt längst bekannt, dass ein schlecht ausgehärteter Inliner einen hohen Reststyrolgehalt aufweist, da das Styrol nicht oder nur unvollständig polymerisiert ist.
 Neben schlechten statischen Kenndaten weisen diese Inliner auf der Außenseite, da wo das Trägermaterial also durch die Kanalwand abgekühlt wurde, eine nicht ausgehärtete dünne Schicht auf.
 Nach Angaben von Harzherstellern bzw. Fachinstitutionen gilt z. B. bei dünnwandigen Handlaminaten ein Reststyrolgehalt von ca. 1,5-2,0 % als schon recht ordentliche Aushärtung, wobei dieser Wert durch Nachtempern auf kleiner 1,0 % reduziert werden kann.
 Bei optimal ausgehärteten Schlauchlinern kann man sicherlich von einem Reststyrolgehalt von 2,0-5,0 % ausgehen. Bisher wird allerdings die Prüfung von Inlinern auf Reststyrol nur in Ausnahmefällen durchgeführt. Wenn überhaupt, muss diese Prüfung zukünftig direkt auf der Baustelle vonstatten gehen, da es ja sonst ausgast.

Hier geht es also in erster Linie um Verfahrensoptimierung, z. B. in Form einer styroldichten Innenfolie, wie sie bereits von einigen UV Aushärtern eingesetzt wird.
 Hier geht es aber auch um die möglichst optimale Aushärtung des Inlinerlaminates, bei dem dann nur noch ein ganz geringer Reststyrolgehalt festzustellen ist.
 Die Temperaturaufzeichnungen der Anwender, die ich bei den verschiedensten Aushärtungsmethoden und Projekten auswerte und vergleiche, lassen hier in vielen Fällen den Schluss zu, dass gerade die Aushärtung optimiert werden muss, da die für eine durchgehende Aushärtung von der Innen- bis hin zur Außenseite erforderliche Temperatur in etlichen Fällen zwischen Inliner und Altrohr nicht erreicht wird.
 Unterstützt werden meine Auswertungen noch durch die verschiedenen mir bekannten Schadensfälle, und letztlich durch meine Sachverständigentätigkeit.
 Wer meint, dies ist dummes Zeug, oder wer diesen Einwand einfach wegwischen will, den lade ich gern in mein Büro ein und werde ihm die Daten und Fakten vorlegen.
 Insofern sollten alle Auftraggeber und vor allen Dingen alle Anwender ein großes Interesse daran haben, die einzelnen Verfahrenstechniken zu optimieren und sich ggfls. somit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
 Wer das nicht begreift wird auf dem Sanierungssektor eine eher untergeordnete Rolle spielen und somit kurz- oder langfristig scheitern.
   
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Stand: 02. Januar 2001